Gleitsichtbrille - Was beachten?

Eine Gleitsichtbrille kann mehrere Sehschwächen mit einer Brille zu korrigieren. Sie gehört zur Gruppe der "Mehrstärkenbrillen" und ist für Menschen ab 35 Jahren oft die beste Brille. Sie korrigiert die zunehmende Alterssichtigkeit (Presbyopie, Nahsicht) sowei die Kurzsichtigkeit (Myopie, Fernsicht) in einer Brille. Sie kombiniert also Fernbrille und Lesebrille.

Da die Qualität einer Gleitsichtbrille nicht äußerlich zu erkennen ist, sind die großen Preisunterschiede für viele rätselhaft: Manche Optiker werben mit Gleitsichtbrillen für unter 200 Euro, aber nach einer individuellen Beratung soll man dann oft über 1000 Euro zahlen. Wie kann das sein?

Gleitsichtbrille
Gleitsichtbrille: Mehrere Sehkorrekturen in einem Brillenglas:
Oben: Fernsicht (mehr als 2 Meter);
Mitte: mittlere Distanzen (0,5 bis 2 m), z.B. Computer-Bildschirm;
Unten: Nahsicht (weniger als 0,5 m), z.B. beim Lesen eines Buches;
die seitlichen Zonen links und rechts sind gleitend gewölbt und
sorgen häufig für ein etwas unscharfes Bild

Die Produktion des Gleitsichtglas und vor allem das Glas-Design sind wesentlich aufwendiger als bei einer einfachen Einstärkenbrille, da der Übergang zwischen den verschiedenen Sehbereichen fließend bzw "gleitend" ist (darum Gleitsicht).

Funktionsweise einer Gleitsichtbrille

Eine Gleitsichtbrille ist quasi eine Fernbrille und eine Nahbrille in einem, mit einem stufenlosen Übergang der Sehschärfe-Korrektur. Das Gleitsicht-Brillenglas ist in drei Zonen unterteilt: Im oberen Brillenbereich kann man in der Ferne alles scharf erkennen, der unteren Bereich korrigiert die Nahsicht (Lesedistanz). Die dazwischen liegende Zone ist fließend bzw. gleitend und kann für bestimmte Zwischendistanzen optimiert sein.

Siehe auch Gleitsichtbrillen-Arten: Unterschiede im Gleitsichtglas.

Gleitsicht: Fernsicht, Nahsicht und Progression
Die drei Zonen eines Gleitsichtglases: Oben: Fernsicht (über 2 m), Unten: Nahsicht: unter 0,5 m), dazwischen die Progressionszone (Übergangszone) für die Zwischendistanzen. Vor allem die Art, wie die Progressionszone gestaltet ist, entscheidet über den Preis einer Gleitsichtbrille.

Einfache, kostengünstige Gleitsichtbrillen

Die einfachen - und damit kostengünstigen Gleitsichtgläser - haben nur eine einfache, schmale Progressionszone. Der Haupt-Nachteil der einfachen Gläser ist, dass die scharf abbildende Zone links und rechts stark begrenzt ist. Das gilt für alle Zonen (Nahsicht, Fernsicht und besonders die Zwischendistanzen). Sobald man etwas aus den Augenwinkeln schaut, wird das Bild verschommen bzw. unscharf.

Standard-Gleitsichtbrille mit einfachen Gläsern
Standard-Gleitsichtbrille mit einfachen Gläsern -
relativ großer Bereich (links und rechts), der unscharf ist

Die sehr kostengünstigen Gleitsichtbrillen (unter 300 Euro), die teilweise als Aktionen von großen Online-Optikern oder Optiker-Ketten beworben werden, haben in aller Regel solche einfachen Gläser. Im Beratungsgespröäch wird man dann schnell darauf hingewiesen, dass es bessere Gleitsichtgläser gibt, vor allem dann, wenn sie individualisiert für bestimmte Schwerpunkt-Nutzungen hergestellt werden. Mehr zu den unterschiedlichen Gleitsichtglas-Arten weiter unten.

Warum Gleitsichtbrille?

Im Laufe der Zeit lässt die Sehkraft des Auges nach - man wird alterssichtig. Die Ursache ist eine nachlassende Flexibilität der Augenlinse.

Akkommodation (Auge)
Akkommodation des Auges

Diese Verhärtung der Linse führt zu einer verminderten Akkommodationsfähigkeit des Auges - und das wiederum hat zur Folge, dass man im Nahbereich nicht mehr scharf sehen kann. Man braucht also zum Sehen im Nahbereich eine Lesebrille.

Wenn man nun zusätzlich noch kurzsichtig ist, also eine Fernbrille hat, um im Fernbereich scharf sehen zu können, braucht man folglich zwei Brillen. Oder eben eine Gleitsichtbrille, die beides kombiniert. Viele Menschen bemerken im Herbst besonders deutlich, dass die Sehkraft nachlässt (siehe dazu: Warum steigt der Bedarf nach Gleitsichtbrillen im Herbst?).

Vorteile einer Gleitsichtbrille

Vorteile einer Gleitsichtbrille
Vorteile einer
Gleitsichtbrille

Nachteile einer Gleitsichtbrille

Nachteile einer Gleitsichtbrille
Nachteile einer
Gleitsichtbrille
Gleitsichtbrille Blickfeld (Sehbreich)
Gleitsichtbrille Blickfeld (Sehbreich)

Gleitsichtbrille kaufen - was bedenken?

Wie bei jeder Brille, gibt es einige grundsätzliche Dinge, die man beachten sollte:

Brillenpass
Der Brillenpass

Besonders wichtig ist jedoch, dass man sich überlegen muss, welche Art der Nutzung man bevorzugt. Denn wie oben beschrieben sind die einfachen, kostengünstigen Gleitsichtbrillen oft nicht die optimale Lösung für richtig gutes Sehen. Stattdessen gibt es inzwischen verschiedene Gleitsichtbrillen-Arten, die für unterschiedlichen Anwendungsschwerpunkte optimiert sind.

Gleitsichtbrillen-Arten (Vergleich und Unterschiede)

Der Markt für Gleitsichtbrillen ist in den letzten Monaten und Jahren erheblich angewachsen. In dem Zuge sind einige Brillenglas-Hersteller dazu übergegangen, spezielle Glas-Designs für Gleitsichtbrillen zu entwickeln, die jeweils für bestimmte Anwendungsschwerpunkte optimal geeignet sind. Zum Vergleich sind in den folgenden Grafiken jeweils die unterschiedlichen Designs erläutert.

Gleitsichtbrillengläser (Unterschiede / Vergleich)
Gleitsichtbrillengläser (Unterschiede / Vergleich)

Hinweis zum Verständnis: Warum ist die Symmetrieachse des Gleitsichtglases schief? Siehe Asymmetrische Gleitsichtgläser.

Panorama-Gleitsichtgläser, z.B. für Autofahrer

Eine mögliche Gleitsichtbrillen-Variante ist die, bei der die Progressionszone sehr klein ist und die somit vor allem für die Fernsicht optimiert ist:

Panorama-Gleitsichtbrille
Panorama-Gleitsichtbrille - gut für die Fernsicht, z.B. beim Autofahren

Diese Art der Gleitsichtbrille wird zum Beispiel von Zeiss als DriveSafe Gleitsichtbrille vertrieben (auch "Autofahrerbrille"). Logisch, denn beim Auto fahren hat man meistens den Blick auf die Straße, also in die Ferne gerichtet. Oder man will die Armaturen betrachten - die befinden sich in der Nahsicht (ca. 50 cm Entfernung). Die mittlere Sehdistanz braucht man so gut wie nicht (etwa Stoßstangen-Entfernung).

Arbeitsplatz-Gleitsichtbrille, Schwerpunkt: mittlere Sehdistanzen

Ganz anders stellt sich die Progressionszone dar, wenn es um Arbeitsplatz-Gleitsichtbrille handelt (sog. Bildschirmarbeitsplatzbrille). In diesem Fall Sind die mittleren Distanzen viel wichtiger: Der PC auf dem Tisch, Kalender an der Wand, die gegenüber sitzende Person oder die Aktenordner im Regal sind ebenfalls sehr wichtig. Die Fernsicht, also der Blick aus dem Fenster, ist nicht entscheidend. Allerdings ist die Nahsicht zum Lesen von Briefen oder Dokumenten ebenfalls wichtig. Aus diesem Grund ist die Progressionszone für die mittleren Sehdistanzen relativ groß.

Arbeitsplatz-Gleitsichtbrille
Arbeitsplatz-Gleitsichtbrille -
gut für die mittlere Sicht dank großer Progressionszone

In diesem Fall ist die Progressionszone nach oben verschoben und deutlich vergrößert.

Smartphone-Gleitsichtbrille - Schwerpunkt: Nahdistanzen

Noch etwas anders stellt es sich für Menschen dar, die zwar viel im Freien unterwegs sind, aber gleichzeitig viel auf ihr Smartphone oder Tablett schauen. In diesem Fall ist die Nahsicht genau so wichtig wie gute Fernsicht. Die Progressionszone ist also wie bei der Autofahrerbrille recht klein, aber weiter nach oben geschoben (sog. Digitale Brille):

Nahbereich-Gleitsichtbrille für Smartphone
Nahbereich-Gleitsichtbrille
für Menschen, die viel am Smartphone lesen

Was kosten Gleitsichtbrillen / Gleitsichtgläser?

Gleitsichtbrillen sind teurer als normale Einstärkenbrillen. Die Kosten für das Brillengestell sind praktisch identisch, aber Gleitsichtgläser kosten aufgrund des aufwendigeren Herstellungsverfahrens mehr als Einstärkengläser. Bei einigen Optikern beginnt es ab einem Preis von ca. 100 - 200 Euro. Diese werden meist in Asien hergestellt und entsprechen nicht immer den hier üblichen Standards. Außerdem haben diese "billigen" Gleitsichtbrillen meist nur ein "Standard"-Brillenglas-Design, das in den Randbereichen links und rechts schnell schnell unscharf wird (man kann also schlecht aus den Augenwinkeln sehen).

Digitalbrille
Brille (Gleitsicht) mit Digital-Brillengläsern von Zeiss

Wenn man ein besonderes Glas (getönt oder dünner = leichter) bestellt, können die Kosten auf über 400 Euro hochgehen. Zusammen mit dem Brillengestell können so schnell noch einmal 100 bis 200 Euro hinzukommen. Da man Gleitsichtgläser bis zu einer Sehstärke von +/- 10 Dioptrien anpassen kann, sind sie für fast alle Brillengestelle und Brillentrends geeignet (auch als Sportbrillen). Siehe auch: Gleitsichtbrillen Preise - warum sind die Kosten so unterschiedlich?

Man sollte jedoch bedenken, dass man ansonsten zwei Brillen braucht: eine normale Fernbrille, um die Kurzsichtigkeit zu korrigieren, und eine Lesebrille für den Nahbereich. Wenn man viel am PC arbeitet, wird eventuell noch eine Bildschirmbrille nötig (deren Kosten bei Arbeitnehmern in der Regel vom Arbeitgeber übernommen werden müssen).

Eine gute Gleitsichtbrille kostet also im Optiker-Fachgeschäft schnell 500 Euro und mehr. Dem stehen Preise für Gleitsichtbrillen von ca. 200-300 Euro bei vielen Online-Optikern gegenüber, inkl. Fassung und Glas-Extras. Diese sparen sich die hohen Raumkosten und das ausgebildete Fachpersonal. Gleitsichtbrillen online kaufen ist also deutlich günstiger, aber: man hat bei Online-Optikern ein größeres Risiko, dass etwas nicht klappt. Das kann den Versand betreffen oder auch eine mögliche Reklamation. Die Kampfpreise sind durch Einsparungen beim Service möglich. Für die erste Gleitsichtbrille ist es immer ratsam, den Service und die Sicherheit eines Fachoptikers mit Ladengeschäft in Ihrer Stadt auszusuchen.

Außerdem sollte man bedenken, dass die "billigen Gleitsichtbrillen" in der Regel nur ein Standard-Glasdesign haben, bei dem die unscharfen Randbereiche relativ groß sind. Individuell zugeschnittene Gläser sind deutlich teurer, aber eben auch besser.

Übrigens: Die sog. "Nulltarif-Gleitsichtbrille" von Fielmann gibt es keineswegs umsonst. Nulltarif bedeutet, dass man bei Abschluss einer Fielmann-Brillenversicherung (50 Eur. pro Jahr) eine neue Gleitsichtbrille bekommt, allerdings ist das Gestell aus dem "Nulltarif-Sortiment". Allerdings ist der Preis für die (einfachen) Zeiss-Gläser, die man bei Fielmann bekommt, in der Tat sehr kostengünstig.

Optiker-Fachgeschäft oder online-Optiker?

Gleitsichtbrillen kann man praktisch bei jedem Optiker kaufen, sowohl im Optiker-Fachgeschäft als auch bei einem Online-Optiker. Hier eine Auswahl von Online-Optikern:

Der umsatzstärkste Optiker in Deutschland ist Fielmann. Allerdings bietet Fielmann auf seiner Homepage nur sehr wenig Informationen über Gleitsichtbrillen - und einen Online-Brillenshop gibt es dort auch (noch) nicht. Mehr über Gleitsichtbrillen von Fielmann. Auch Gleitsichtbrillen von Apollo-Optik kann man nur in den Ladengeschäften kaufen.

Grob vereinfacht kann man sagen: wer gute Beratung von gut ausgebildetem Fachpersonal sucht, ist beim Optiker-Fachgeschäft (Fielmann, Apollo und Co) besser beraten, wer nur auf den Preis schaut, kann bei Online-Optikern eine Menge Geld sparen. Günstige Gleitsichtbrillen findet man auch bei "Google Shopping: Gleitsichtbrillen" - allerdings sollte man sich erst einmal den folgenden Absatz hinsichtlich des Preis/Leistungsverhältnisses durchlesen. Billig ist nur selten auch gut. Siehe auch Gleitsichtbrille online kaufen.

Probleme bei der Eingewöhnung

Anders als Einstärkenbrillen braucht man bei Gleitsichtbrillen eine gewisse Zeit, um sich an die Brille zu gewöhnen. Dadurch, dass die Sehweite für bestimmte Bereiche der Brille optimiert ist, benötigt man etwas Zeit, bevor man Routine gewinnt, die Augen und den Kopf jeweils so zu wenden/neigen bis man das Bild tatsächlich scharf sieht. In der Eingewöhnungsphase fühlt man sich leicht etwas "betrunken". Einige Menschen klagen über Kopfschmerzen oder Schwindelgefühl (Grund: der Gleichgewichtssinn ist eng mit dem optischen Sinn verknüpft).

Gleitsichtgläser Probleme
Gleitsichtgläser - häufig Probleme bei der Eingewöhnung

Erfahrungen mit Gleitsichtbrillen

Nach der mehr oder weniger schwierigen Eingewöhnungsphase berichten viele Menschen von guten Erfahrungen mit ihrer Gleitsichtbrille. An die ungewohnte Optik gewöhnt man sich, aber es ist vor allem praktisch, eine Brille für alles zu haben. Wer eine Lesebrille und eine Nahbrille benötigt, hat häufig eine von beiden nicht parat, wenn man sie braucht. Ab einem Alter von 35 Jahren ist die Gleitsichtbrille für die meisten Menschen mit Sehschwäche die optimale Brille.

Bitte anklicken, um das Youtube-Video zu laden.
Wie funktioniert das Brillenglas bei einer Gleitsichtbrille? (Video, youTube)

Alternativen zur Gleitsichtbrille

Wem eine Gleitsichtbrille zu teuer ist, oder wer die "verschwommene" Eingewöhnungszeit scheut, kann auch auf eine Bifokalbrille oder Trifokalbrille zurückgreifen. Bei diesen beiden Brillenarten sind die Gläser für die Nahsicht (und Mittelentfernungen) in das Brillenglas eingesetzt (also keine Gleitsicht, sondern getrennte Linsen). Die Gläser für die verschiedenen Sehdistanzen sind also deutlich sichtbar voneinander getrennt. Der Herstellungsprozeß ist weniger aufwändig, so das Bifokalbrillen und Trifokalbrillen günstiger sind. Es gibt jedoch viele Menschen, die die optische Erscheinung aufgrund der deutlich sichtbaren Trennkante nicht so schön finden. Für ein Gegenüber sind die Augen schwieriger zu erkennen - und die Brille wirkt nicht rund und harmonisch. Diese Brillen sind also nicht unbedingt als modisches Asseccoire geeignet, sondern wirken eher wie eine klassische Sehhilfe.

Einige Hersteller verkaufen aus Wettbewerbsgründen ihre speziellen Brillengläser unter neuen, modernen Markennamen. So bietet Fielmann zum Beispiel sog. "Raumkomfortbrille" (auch "Nahkomfortbrille") an. Dabei handelt es sich jedoch eher ein eine "Gleitsicht-Lesebrille", da man nur in der Nähe fließend scharf sehen kann. Für die Ferne ist die Raumkomfortbrille nicht geeignet.

Alternativen ...

Alternativ zur Brille kann man auch multifokale Kontaktlinsen tragen, zum Beispiel Gleitsichtkontaktlinsen. Die funktionieren im Prinzip genau wie Gleitsichtgläser, nur dass man sie eben direkt auf der Hornhaut des Auges trägt.

Wer gar keine Sehhilfe mehr möchte, findet mit dem Augenlasern eine Möglichkeit, die Sehschwäche an sich zur korrigieren: dabei wird die Oberfläche der Hornhaut so bearbeitet, dass sie wie eine vorgesetzte Linse wirkt.

Hersteller von hochwertigen Gleitsichtgläsern

Zu den bekannten Herstellern von hochwertigen Brillengläsern (Mehrstärkengläser und Einstärkengläser) zählen Zeiss, Rodenstock, Essilor, Rupp + Hubrach, Ophthalmica, Optovision, Hoya und Stratemeyer.

Die Fertigung der Gleitsichtgläser unterliegt der DIN EN ISO 8980.

Gleitsichtbrille
Gleitsichtbrille: Mehrere Sehkorrekturen in einem Brillenglas

Quellen

Siehe auch