Weitsichtigkeit, Übersichtigkeit (Hyperopie)
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Weitsichtigkeit, genauer: Übersichtigkeit (lat: Hyperopie) ist eine weit verbreitete Fehlsichtigkeit, bei der man Dinge in der Nähe nicht mehr scharf erkennen kann. Ursache ist in der Regel eine angeborene (kleine) Fehlbildung des Auges, die einen Abbildungsfehler zur Folge hat. Weitsichtige Menschen können in Nahdistanzen nicht scharf, sondern nur verschwommen sehen. Genau genommen heißt es "Übersichtigkeit" (weil der Brennpunkt des gebündelten Lichts über die Netzhaut hinausgeht), aber meist spricht man von "Weitsichtigkeit".
Zum Verständnis ist es erforderlich, sich den Aufbau des Auges klar zu machen. Vor allem die Teile des "dioptrischen Apparates" (v.a. Hornhaut und Augenlinse) sind wichtig: sie brechen das Licht des anvisierten Gegenstandes normalerweise so, dass es im Auge auf der Fovea (dem Zentrum der Makula) abgebildet wird. Dort sind die lichtverarbeitenden Sinneszellen besonders dicht gedrängt (hohes Auflösungsvermögen = scharf sehen).

Ursachen der Weitsichtigkeit
Bei Weitsichtigkeit (Hyperopie) ist der Augapfel im Verhältnis zur Brechkraft des dioptrischen Apparats zu gering. Die Ursache für diese Fehlbildung ist in aller Regel genetisch bedingt, d.h. man erbt die Veranlagung von den Eltern.
Als Folge wird der fokussierte Gegenstand nicht mehr direkt auf der Fovea abgebildet, wo die Sinneszellen besonders dicht gedrängt sind. Daher kann das Bild nicht scharf gesehen werden.

Stattdessen liegt der Brennpunkt (also quasi das scharfe Bild) erst hinter der Netzhaut. Auf der Fovea wird zu wenig Lichtinformation für ein scharfes Bild abgebildet. Man unterscheidet zwei Arten der Weitsichtigkeit, die unterschiedliche Ursachen haben:
- Achsenhyperopie - Ursache ist ein zu kurzer Augapfel
- Brechungshyperopie - Ursache ist ein Brechungsfehler von Hornhaut / Augenlinse
Achsenhyperopie
Eine Achsenhyperopie ist die häufig auftretende Form der Weitsichtigkeit / Übersichtigkeit. Ursache ist ein zu kurzer Augapfel (kürzer als im Durchschnitt der Bevölkerung). Die Brechkraft von Hornhaut und Augenlinse ist normal.

Brechungshyperopie
Eine Brechungshyperopie ist eine eher seltene Form der Weitsichtigkeit / Übersichtigkeit. Im Gegensatz zur Achsenhyperopie, bei der die Länge des Augapfels zu kurz ist, liegt die Ursache der Brechungshyperopie in einer nicht ausreichenden Brechkraft des dioptrischen Apparates (Hornhaut und Augenlinse). Die Folge einer Brechungshyperopie ist unscharfes Sehen in den Nahdistanzen.

Entwicklung / Ausprägung
Weitsichtigkeit tritt oft erst im Verlaufe des Wachstums zutage. Sie entwickelt sich meist schon im Kleinkindesalter. Die Verschlechterung der Sehleistung erreicht ihren Höhepunkt mit etwa 8 Jahren. Ab dann wird die Verschlechterung geringer, bis sie mit etwa 15 Jahren fast zum Erliegen kommt.
Die Brechkraft der Linse ist für eine bestimmte "Tiefe" des Augapfels optimiert. Nur die Brechkraft des Auges genau so stark ist, dass das Bild auf der Netzhaut abgebildet wird, entsteht ein scharfer Bildeindruck. Durch Akkommodation kann man die Linse aktiv verformen. Gerade im Anfangsstadium kann man so eine Weitsichtigkeit (oder auch Kurzsichtigkeit) ausgleichen. Das geht jedoch nur bis zu einem gewissen Grad. Irgendwann reicht die Akkommodation nicht mehr aus, dann braucht die betroffene Person eine Brille.
Unterschied zur Alterssichtigkeit
Man muss eine Weitsichtigkeit (Hyperopie) von einer Alterssichtigkeit (Presbyopie) unterscheiden. Auch wenn der individuelle Seheindruck vergleichbar ist, so sind die Ursachen doch verschieden. Bei der Alterssichtigkeit (umgangssprachlich auch Altersweitsichtigkeit genannt) kann man wegen fehlender Akkommodationskraft der Augenlinse im Nahbereich schlecht sehen. Die Weitsichtigkeit entwickelt sich meist im Kindesalter, die Alterssichtigkeit macht sich erst ab etwa dem 35. Lebensjahr bemerkbar.
Symptome der Weitsichtigkeit
Die Schwere einer Weitsichtigkeit kann sehr unterschiedlich sein. Da man als weitsichtiger Mensch mit der Weitsicht keine Probleme hat, fällt es im Alltagsleben anfangs kaum auf. Man bemerkt es beim Lesen oder Schreiben, bei der Hand- oder Hausarbeit (Nähen, Basteln, Gemüse schälen etc.) oder bei Hobby (Mikroskopieren, Briefmarken sammeln etc.).

Eine leichte Weitsichtigkeit von weniger als +0,5 Dioptrien gilt als unbedenklich und kann dank Akkommodation relativ gut vom Auge ausgeglichen werden (natürlich kann man auch mit einer so geringen Ausprägung ohne Probleme eine Brille tragen, wenn es dem Wohlbefinden dient). Alles was über +0,5 dpt hinaus geht, bedeutet jedoch eine empfindliche Einschränkung. Man sollte sich daher auf jeden Fall eine Sehhilfe zulegen.

Diagnose
Eine Diagnose kann nur ein ausgebildeter Spezialist vornehmen. Die Erstuntersuchung sollte immer ein Augenarzt machen, denn in seltenen Fällen gehen mit der Ausbildung einer Weitsichtigkeit andere Erkrankungen des Auges einher (z.B. Schielen).
Insbesondere mit Kindern sollte man rechtszeitig zum Augenarzt gehen. Da Kinder dank ihrer großen Akkommodationskraft noch viel mithilfe der Augenlinse ausgleichen können, wird die Weitsichtigkeit im Kindesalter oft nicht bemerkt.
Übrigens und Aber!: Eine leichte Weitsichtigkeit gehört durchaus zum normalen Wachstumsprozess. Es wäre daher falsch, bei ersten Anzeichen überzureagieren (z.B. durch eine selbst verordnete Billig-Lesebrille aus der Drogerie für Kinder! Nicht machen!). Sattdessen sollet man mit dem Kind beim Augenarzt vorstellig werden.
Für Folgeuntersuchungen bzw. wenn nur die Sehschärfe abnimmt, kann man auch einen Optiker aufsuchen.
In den meisten Fällen sind beide Augen von einer Weitsichtigkeit betroffen, aber nicht selten ist die Weitsichtigkeit der einzelnen Augen unterschiedlich stark ausgeprägt. So kann das eine Auge eine höhere Sehschärfe haben als das andere.
Online Sehtest bei Weitsichtigkeit
Der folgende Online-Sehtest ist geeignet, um die Tendenz einer Weitsichtigkeit zu erkennen. (Achtung: ein Online-Sehtest kann stets nur eine Tendenz aufzeigen. Man kann damit aber nicht exakt den Grat einer Weitsichtigkeit bestimmen). Am besten ist, wenn Sie sich den Test ausdrucken und dann in normeler Leseentfernung (ca. 40 cm) lesen. Warum so viele Schreibfehler in dem Test sind, steht im Text.
- Download kostenloser Sehtest bei Weitsichtigkeit (PDF, 12 kb)
Man kann das auch am PC machen, allerdings kann das Ergebnis durch unterschiedliche Voreinstellungen des Bildschirms / Screen verfälscht werden. Leseentfernung ca. 40 cm, bei Erwachsenen etwas weniger als eine Armlänge.

Weitere Online-Sehtests - Weitere optische Täuschungen - Sehtest Führerschein
Korrektur einer Weitsichtigkeit
Im Gegensatz zu einer Krankheit ist Weitsichtigkeit nicht therapierbar / heilbar. Wer einmal weitsichtig ist, bleibt es sein Leben lang. Aber wie bei allen brechungsbasierten Fehlsichtigkeiten gibt es im Prinzip drei Möglichkeiten, wieder zu einer normalen Sehschärfe zu gelangen:
- Brille
- Kontaktlinsen
- Augenlasern
Brille gegen Weitsichtigkeit

Am weitesten verbreitet ist sicherlich eine Brille mit Brillenglas, das die fehlende Brechkraft einfach ausgleicht (sog. Plusglas = im Zentrum dicker als außen).
Schon seit dem Mittelalter sind Brillen bekannt: eine vorgesetzte Sammellinse korrigiert den Brechungsfehler, so das der fokussierte Gegenstand wieder korrekt auf der Netzhaut abgebildet wird. Der Abbildungsfehler des Auges wird also durch eine vorgesetzte, konvexe Linse ausgeglichen (sog. Refraktion). Heutige Fertigungsprozesse sind so verfeinert, dass ein nahezu perfektes Sehen mit einer Brille möglich ist.

Bei Weitsichtigkeit sind im Brillenpass (vom Optiker) oder der Brillenverordnung (vom Augenarzt) unter "Sphäre (Sph)" für jedes Auge positive Dioptrie-Werte eingetragen, also z.B. +2,5 dpt.
Kontaktlinsen gegen Weitsichtigkeit
Im Prinzip funktionieren Kontaktlinsen gegen Weitsichtigkeit genauso. Nur dass man die Linse nicht in einem Gestell vor dem Auge trägt, sondern direkt auf der Hornhaut des Auges.

Augenlasern gegen Weitsichtigkeit
Alternativ zur Sehhilfe kann man heutzutage die Hornhaut (Cornea) des Auges auch mithilfe des Augenlasern so bearbeiten lassen, dass man anschließend wieder ohne Sehhilfe scharf sehen kann (siehe Lasikon: Augenlasern (LASIK) bei Weitsichtigkeit). Die Wölbung der Hornhaut wird im Prinzip einfach so weit abgetragen, dass sie wie eine Linse wirkt.

Video: Wie funktioniert Weitsichtigkeit?
Kurzsichtigkeit
Der umgekehrte Effekt - also ein verlängerter Augapfel - führt zu Kurzsichtigkeit. Kurzsichtige Menschen können zwar sehr gut lesen (es sei denn, es kommt eine Alterssichtigkeit hinzu), aber sie haben Probleme mit der Weitsicht, zum Beispiel beim Auto fahren. Siehe auch: Unterschied kurzsichtig - weitsichtig.

Quellen / Links
- OnlineSehtests: Weitsichtigkeit (Hyperopie)
- Sehtestbilder.de: Was ist Weitsichtigkeit?
- Was ist Winkelfehlsichtigkeit?