Der Bundestag hat gestern ein Gesetz verabschiedet, dass auch Brillenträger betrifft. Ab sofort (bzw. ab dem Zeitpunkt, wo es im Bundesanzeiger veröffentlicht wird) müssen die Gesetzlichen Krankenkassen wieder die Kosten für die Brillengläser übernehmen – allerdings nur für Menschen, deren Dioptriewerte größer als +6 dpt (bei Weitsichtigkeit) bzw. -6 dpt (bei Kurzsichtigkeit) sind – oder wenn ein Astigmatismus von mehr als 4 dpt vorliegt. Die Passage findet sich im „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung“ auf Seite 3 in der Mitte. Darin heißt es (Zitat):
Die Ausnahmeregelung für einen Leistungsanspruch auf Brillengläser wird erweitert: Künftig erhalten auch die Versicherten, die wegen einer Kurz- oder Weitsichtigkeit Gläser mit einer Brechkraft von mindestens 6 Dioptrien oder wegen einer Hornhautverkrümmung von mindestens 4 Dioptrien benötigen, einen Anspruch auf Kostenübernahme in Höhe des vom GKV-Spitzenverband festgelegten Festbetrags bzw. des von ihrer Krankenkasse vereinbarten Vertragspreises. Nach derzeitiger Rechtslage werden die Kosten für Brillengläser nur für Kinder und Jugendliche übernommen. Volljährige Versicherte haben nur dann einen Leistungsanspruch, wenn sie auf beiden Augen eine extreme Sehschwäche aufweisen und ihre Sehleistung auf dem besseren Auge bei bestmöglicher Korrektur höchstens 30 Prozent erreicht. (Quelle)
Das bedeutet: Wer Dioptrien-Werte von mehr als +6 oder -6 oder mehr als 4 bei Hornhautverkrümmung (gemeint ist sicherlich Astigmatismus, profitieren werden daher wahrscheinlich auch Menschen mit Linsenastigmatismus oder wenn der sehr seltene Fall einer gekrümmten Augenrückseite vorliegt) hat, dem erstattet die Gesetzliche Krankenkasse in Zukunft die Kosten für die Brillengläser. Das Brillengestell ist davon nicht betroffen – nach wie vor haben jedoch die meisten Augenoptiker auch sog. Nulltarif-Modelle im Sortiment, wo man nicht oder max. ein paar Euro für das Brillengestell hinzuzahlen muss. Ob die Krankenkasse nun auch für Kurzsichtige über 35 die Gläser für eine Gleitsichtbrille übernimmt, ist nicht beschrieben. Vermutlich nicht…
Um die Leistungen der Krankenkasse zu bekommen, muss eine augenärztliche Brillenverordnung vorliegen (quasi das „Brillenrezept“). Eine einfache Vermessung der Augenwerte durch den Augenoptiker ist nicht ausreichend. Das ist natürlich ein Wermutstropfen, denn Termine beim Augenoptiker sind deutlich schwerer zu bekommen als bei einem Optiker. Naja, Menschen mit diesen Brillenwerten müssen sich eben nun daran gewöhnen, regelmäßig und frühzeitig die Augenarzt-Termin zu machen. Das kann sowieso nicht schaden …
Für alle anderen bleibt es dabei: die Kosten für die Brillengläser werden nur übernommen, wenn man mit Sehhilfe weniger als 30 Prozent Sehkraft hat. Und für Kinder und Jugendliche.
Für alle Betroffenen eine erfreuliche Veränderung, die man wohl auch dem unermüdlichen Nachhaken des „Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV)“ zu verdanken hat.
Das Gesetz tritt mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft, was vermutlich Mitte März 2017 der Fall sein wird.
Übrigens: für Kurzsichtige bis ca. -10 dpt gibt es die Möglichkeit, die Brille durch eine Augenlaser-Operation korrigieren zu lassen. Bis zu welchem Wert genau, hängt von der individuellen Beschaffenheit der Hornhaut ab, die ja teilweise abgetragen wird. Bei Weitsichtigkeit liegt die Grenze bei ca. +5 dpt, so dass diese Option entfällt. Bei Astigmatismus ebenso, hier liegt die Grenze bei rund 4 dpt.